1. Etappe: von Dachau nach Rostock

Heute ist es also soweit: nachdem wir uns seit unserer letzten Reise immer mal wieder getroffen hatten, um das nächste Ziel zu finden, und dabei die Lust auf ein erneutes Erkunden von Schweden, sowie die möglichen Neuentdeckungen Finnland und die Länder im Baltikum am größten war, entschieden wir uns zu einer Rundreise durch die obigen Staaten.

Vor dem Start im Rohzustand

Vor dem Start im Rohzustand

Dabei erschien uns der Weg von Trelleborg über die schwedische Ostküste nach Stockholm, die Städte Turku (2011 eine der Kulturhauptstädte Europas) hin nach Helsinki am geeignetsten. Danach soll es weitergehen nach Talinn (Reval) und über Riga hinunter in den Süden bzw. Südwesten zur litauischen Hafenstadt Klaipeda, wo uns die Fähre dann zurück nach Deutschland bringen wird.

Wie immer lassen wir es sehr darauf ankommen, uns auf ein Abenteuer einzulassen, indem wir uns nicht so sehr über die Topographie des Landes informieren. Auch sonst haben wir weder Fährtickets oder Hotelzimmer im Voraus gebucht. Auch in diesem Jahr lassen wir uns tragen einerseits von der abgesteckten Route sowie dem Gefühl und auch den äußeren Umständen, auf die wir treffen werden.

Beschluss ist am Montag vor der Fahrt: wir fahren nach Rostock und nehmen die Nachtfähre nach Trelleborg. Wenn wir das Wetter der vergangenen Sommermonate zugrunde legen, dann macht es eigentlich überhaupt keinen Sinn, einen Fahrradurlaub unternehmen zu wollen. Wir hätten dann ausschließlich Aprilwetter mit dem Schwerpunkt auf Kälte und Regen zu bewältigen.

Jedoch die Hoffnung stirbt zuletzt.

Auch die Hoffnung auf ein leicht bepacktes Fahrrad. Dieses Mal, in diesem Jahr, so redete ich mir in Gedanken immer wieder ein, werde ich Christian, meinen langjährigen Fahrradurlaubspartner (wir sind nun im siebten Jahr hintereinander dabei, einen neuen Bereich unseres wundervollen Kontinents per Bike zu erforschen), diesen Weltmeister der leichten Verpackung und des leichten Verpackens, übertrumpfen. Werde mit federleichten Gewichten zu überzeugen wissen. Seine üblichen sieben Kilogramm Reisegepäcksgewicht mit Leichtigkeit unterbieten.

Schwer ist leicht etwas!:-)

Schwer ist leicht etwas!:-)

Naja: gestern stellte ich zusammen, was ich alles mitnehmen möchte. Dies dauerte bis tief in die Nacht. Und was dann so alles dastand, da wurde mir  schon beim Hinschleppen der Satteltaschen und des Rucksacks zur Waage, was mir aufgrund des hohen Gewichts nur mit Mühe gelang, klar, dass ich auch in diesem Jahr  keine Chance hatte. Ich kam auf 16 Kilo.

Ich strengte meinen Kopf an, mir zu überlegen, was nicht unbedingt mit musste. Mir fiel nicht ein, was ich weglassen könnte. Die Feile vielleicht? Aber was, wenn uns wilde Wikinger gefangen nehmen und eine Feile unsere Rettung bei der Durchtrennung der Ketten sein wird. Die Feile blieb also im Rucksack.

Es stellt sich - für mich zumindest - nicht die Frage, ob es mir gelungen ist, einen Schnappschuss von einem außerirdischen, gelben Männchen gemacht zu haben.

Es stellt sich – für mich zumindest – nicht die Frage, ob es mir gelungen ist, einen Schnappschuss von einem außerirdischen, gelben Männchen gemacht zu haben.

Außerdem ist es viel zu spät, um noch groß umzuräumen. Ich sehe es also sportlich. Ich selbst bringe vier Kilo weniger auf die Waage als vergangenes Jahr, und der Rest ist Training. Schließlich versprechen die Streckenverläufe keine besonders starken Steigungen, da hilft also mein Gepäck beim Muskelauf- und Bauchfettabbau.

Gegen 11:30 Uhr verlassen wir mit Christians Opel Combo Dachau. Die Fähre sollte gegen

Unser COMBO, ideal geeignet um die Räder zu transportieren und vieles mehr.

Unser COMBO, ideal geeignet um die Räder zu transportieren und vieles mehr.

22:30 Uhr ablegen. Das wollen wir schaffen. Das Wetter ist gut, auch auf der ganzen Fahrt. Wir halten kurz vor Rostock und nehmen das Angebot des Fährticketverkaufs an einer Autobahnraststätte wahr. Wir erhalten zwei Tickets für die Fähre der TT-Line, die Rostock um 23 Uhr verlässt. Eine Kabine bekommen wir für die Nachtfahrt allerdings nicht. Wenigstens ist der Preis ok. Pro Person plus Fahrrad zahlt jeder von uns 39,- € für die Überfahrt.

Da wir schon gegen 19:45 Uhr Rostock erreicht haben, suchen wir ohne Eile einen geeigneten Parkplatz für den Combo, der ja nun ca. 14 Tage auf uns warten muss. Da wir schon vor zwei Jahren vor einer Reise nach Dänemark damit gute Erfahrungen gemacht haben, werden wir auch erneut bei einem Lidl-Markt fündig, und stellen das Auto in der Hoffnung es wieder zu sehen, dort ab.

Unser Schiff im Hafen von Rostock bereit für die nächtliche Überfahrt nach Trelleborg

Schiff im Hafen von Rostock  kurz vor dem großen Regen

Wir nehmen die Räder, die die Anreise stehend im Opel verbringen durften, aus dem Auto und satteln auf. Einige Fragen werden nun intuitiv behandelt. Regenjacke noch mitnehmen oder lieber im Auto lassen? Ich habe sowieso keine dabei. Schließlich wollte ich es ja ganz leichtgewichtig anpacken. Christian probiert also alternativ seinen neuen leichten gelben Regenponcho, den er kürzlich in Anbetracht unseres Ausfluges entdeckt und gleich erstanden hatte und meint, dass das reicht.

Sein Geschenk für mich, einen Aussenspiegel für mein Fahrrad, montiert er auch schnell noch an meinen Lenker.

Tja, dann kann es eigentlich losgehen. Das Wetter ist den ganzen Tag ordentlich bis schön, aber als wir einige hundert Meter geradelt sind, fängt es wie aus einem Guss zu regnen an. Obwohl der Himmel gar nicht dunkel ist und sich im Westen eine wunderschönes Abendrot gebildet hat.

Als wir den Hafen erreichen, posiert eine große Fähre vor eben diesen abendlichen Himmelsfarben und ich entscheide mich spontan, vom Rad zu steigen und ein Foto zu schießen. Als ich zu stehen komme und meinen Kopf drehe, sehe ich plötzlich in das Gesicht eines jungen, etwa 18-jährigen Mädchens. Sie steht auf einem Straßenpoller etwas erhöht und ich erkenne, dass sie weint.

Auf meine Nachfrage erklärt sie mir, dass sie ihre Eltern, die mit einer Fähre aus dem Schwedenurlaub zurückkehren, abholen will, sie sich aber wohl verpasst haben, sie ihr Handy zu Hause vergessen hat. Ich biete ihr an, von meinem Telefon aus zu telefonieren, aber sie meint, dass sie die Nummer der Eltern nicht im Kopf habe. Wir können nichts für sie tun, ausser ihr unsere guten Wünsche für ihre nahe Zukunft zu übermitteln, und sie weinend im prasselnden Regen stehen zu lassen.

Am Check-In gebe ich der Dame, die uns bedient noch die Info, dass sich ca. zwei hundert Meter von hier ein ihre Eltern suchendes, weinendes Mädchen befindet, für den Fall, dass Eltern nach ihrem Kind am Check-In fragen.

Die Huckleberry Finn, bereit für die nächtliche Überfahrt nach Trelleborg

Die Huckleberry Finn, bereit für die nächtliche Überfahrt nach Trelleborg

Vollkommen durchnässt erreichen wir die Rampe zur Fähre Huckleberry Finn, die wir alsbald befahren wollen. Aber wir werden sofort zurückgehalten und müssen noch eine gute halbe Stunde warten, bis wir das Schiff betreten dürfen. Der Wind pfeift durch unsere nassen Klamotten und es macht uns keinen Spass zu warten. Aber wir nützen die Zeit und rufen unsere Liebste zu Hause an.

Als es endlich in den Schiffsbauch geht, versuchen wir sofort an der Rezeption noch nach einer Kabine zu fragen, aber es ist alles ausgebucht. Auch die Suche nach den Pullmann-Sitzen bleibt erfolglos. Wir begeben uns somit ins Restaurant und nehmen noch Wein und Bier zu uns. Später, während mein Freund Krischan auf drei zusammengerückten Stühlen bereits den Schlaf der Gerechten schnarcht, schreibe ich diese Zeilen für mich und für Euch.

Es ist nunmehr viertel nach Eins und ich begebe mich auch in die Waagrechte, versuche

Vorbereitung für die große Fahrt

Vorbereitung für die große Fahrt

mich zu erholen. Ein paar Stunden Schlaf wären nicht schlecht. Lt. Fahrplan sollten wir Trelleborg  um 6 Uhr morgens erreichen.

 

Für die Statistik:

Kilometer: 20,71 km

Fahrzeit: 01:04:12 h

Ave: 19,35 kmh

Höhenmeter: 70 m

Ich freue mich, wenn Du auch morgen wieder mit dabei bist.

 

 

 

 

 

 

 

 

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